Diesen Merksatz hat mir mein Opa eingebläut. Mein Opa! Ein mecklenburger Urgestein, weit über 80 und ein leidenschaftlicher Imker. Er muss es ja wissen, dachte ich mir und habe mir seine Weisheit in dieser Gartensaison erstmals zu Herzen genommen.
Nach dem Hochwasser im letzten Sommer haben wir unseren Garten komplett neu angelegt. Viele Neupflanzungen müssen gepflegt, gegossen und von Unkraut freigehalten werden. Was wir in den letzten 10 Jahren Stück für Stück geschaffen haben, ist nun innerhalb eines Jahres entstanden. Die Pflege ist so intensiv, dass wir noch gar keine Zeit haben, um den Garten wieder „schön“ zu gestalten. Bei der anhaltenden Hitze und Trockenheit in diesem Sommer, gelingt es uns gerade mal, die neu angepflanzten Gewächse am Leben zu halten.

War da nicht dieser Merksatz vom Opa? „Wenn Du Flächen im Garten frei hast, pflanz Bienenfreund!“ Wagemutig habe ich mir im Gartencenter eine Großpackung Phacelia, wie der Bienenfreund botanisch heißt, geholt. Für 400 m² sollte die Menge reichen. Ich habe sie auf allen Brachflächen ausgesät, habe eine Zeit lang gewartet und habe das Geschimpfe von der Nachbarin ertragen, die das Kräutlein für Unkraut hielt. Doch seit Juni erlebe ich dieses kleine Wunder in meinem Garten: Es blüht lila! Hummeln und Bienen tummeln sich von früh bis spät darin. Sie lieben das reichhaltige Angebot von Pollen und Nektar. Mir kommt die Vermutung, dass die Pflanze daher ihren Namen hat.
Übrigens sieht der Garten meiner Nachbarin viel „ordentlicher“ aus als meiner, dafür hat sie aber auch noch mehr Arbeit als ich. Ihre neu angelegten Beete werden überwuchert von Unkraut (wie sie es nennt). Wenn sie nicht täglich zupft, ist die schöne Ordnung schnell dahin. In meinem Garten geht es gemütlicher zu. Der Bienenfreund hält die Beikräuter soweit in Schach, bis meine winzigen Sträucher groß genug sind, dass sie sich selbst behaupten können. Sie werden später soviel Struktur in den Garten bringen, dass selbst ein Löwenzahn oder eine Distel das Auge des Betrachters nicht stören wird.
Der Bienenfreund hat noch mehr Vorteile: Er kommt äußerst gut mit langen Trockenperioden zurecht. Dieser Regen! Was im letzten Jahr zuviel war, bleibt in diesem Sommer scheinbar ganz aus. Meinen Bienenfreund stört das nicht. Die rauen Blättchen und die zart behaarten Stängel fangen den Morgentau ein. Sie geben ihn an ihre Umgebung ab und spenden kühlenden Schatten.

Die Wurzeln dringen tief in die Erde ein. Für meinen ausgelaugten Lehmboden ist das die reinste Wohltat. Er wird locker und bereitet die Arbeit für die kleinen, fleißigen Bodenlebewesen vor. Die Wurzeln verrotten später in der Erde und hinterlassen dort feine Humus-Lanzetten. Wenn im Winter die gesamte Pflanze abfriert, lass ich das Kraut als Schutz vor Kälte und Trockenheit liegen. Bis zum nächsten Frühjahr bildet sich daraus eine dünne Humusschicht.
Ich weiß gar nicht, warum ich Opas Weisheit so lange ignoriert habe. Bienenfreund ist zugleich ein guter Gärtnerfreund. In den nächsten Jahren werde ich ihn auf jeden Fall in meine Gartengestaltung fest einplanen.
